Bei der Energieversorgung stand lange Zeit die Produktion von elektrischem Strom im Vordergrund, der Energietransport vom Kraftwerk zur heimischen Steckdose wurde eher nicht betrachtet.
Das ist nachvollziehbar, gehen doch von Kohle- oder Atomkraftwerken erheblich größer Gefahren und Folgeschäden aus als von Stromleitungen.
Doch seit Atomausstieg und Klimawandel die deutsche Energieversorgung durcheinander wirbeln, wird mit dem Thema "Energiewende" auch das Thema "Stromtransport" enger verknüpft. Die Bundesregierung hat extra ein Gesetz (EnLAG) erlassen, um den Transport von elektrischer Energie neu zu ordnen.
Die Argumentation der Bundesregierung lautet: Um Windstrom von der Küste in den Süden und Solarstrom von Süden nach Norden bringen zu können, müssen die bundesweiten Transportleitungen aufgerüstet werden.
Das ist nicht unumstritten. Regenerative Energien sind dezentral. Eine dezentrale Energieproduktion braucht keine großen Transportkapazitäten, weil der Strom vor Ort in vielen kleinen Anlagen entsteht und nicht in wenigen großen Kraftwerken. Es gibt den (sehr gut begründeten) Vorwurf, dass mit dem Netzausbau die Chance zu einer neuen, intelligenten Energieversorgungsstruktur vertan werde, den Verbrauchern übermäßige Kosten aufgebürdet werden, und dass hauptsächlich etablierte große Energieversorger davon profitieren
(s. auch: https://www.stromautobahn.de/ Initiative aus Bayern mit interessanten Fachinformationen).
Aber unabhängig davon, ob die Energiewende für den Netzausbau nur vorgeschoben ist oder nicht, sind wir auf der Natberger Heide von ihm betroffen. Und zwar gleich zweimal:
Allerdings sollen beide Trassen vom Umspannwerk Lüstringen bis zum Abzweig Rosenheide / Am Reitplatz / Rosenbruchweg zusammen geführt werden.
Gegen diese Planung hat sich die Bürgerinitiative "Keine 380-kV-Freileitung in Darum und Lüstringen" gebildet (mit sehr schönem Video auf der Webseite), die eine Erdverkabelung statt Freileitungen fordert. Auch die Gemeinde Bissendorf und der Landkreis Osnabrück haben im Raumordnungsverfahren gegen einen Freileitungsbau und für Erdverkabelung Stellung bezogen. Das Raumordnungsverfahren (ein Vorläuferverfahren für das Planfeststellungsverfahren, das wiederum Vorläufer für die Baugenehmigungen ist) wurde durch das Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems durchgeführt.
Die Proteste waren letztlich (halbwegs) erfolgreich. Nach langen, umständlichen und teilweise sehr kontroversen Diskussionen wurde im Februar 2020 das Raumordnungsverfahren für das südliche Projekt abgeschlossen und eine Erdverkabelung zwischen Osnabrück-Lüstringen und Holsten-Mündrup beschlossen.
Im Mai 2020 folgte das Verfahren über den nördlichen Abschnitt mit einer geplanten Erdverkabelung zwischen Lüstringen und Bissendorf-Hengstbrink (zwischen Jeggen und Wissingen). Für knapp 3 km der nordöstlichen Anschlussstrecke mit der Schelenburg ist das Verfahren offen gelassen worden und muss im anschließenden Planfeststellungsverfahren entschieden werden, nördlich der Schelenburg soll es dann per Freileitung weitergehen.
Das heißt, es wird in naher Zukunft um unsere Häuser herum sehr umfangreich gebuddelt werden. Und zwar entlang der Düstruper Str., Lüstringer Str., Rosenheide, Rosenbruchweg, Am Reitplatz, Uphausener Str. Es gibt nur wenig Erfahrungen für Höchstspannungsleitungen als Erdverkabelungen, unsere Strecke wäre eine Pilotstrecke, um die Technik im größeren Maßstab zu erproben. Und es wären gleich zwei Leitungen gemeinsam zu verlegen, der südliche und der nördliche Anschluss des Umspannwerks in Lüstringen.
(Bemerkung am Rande: Wäre es da nicht vielleicht besser gewesen, das Umspannwerk zu verlegen?)
Die Baustelle(n) werden also recht umfangreich und erheblich größer sein als beim Freileitungsbau (vgl. TENNET-Webseite mit Bildergalerie und [etwas langweiligem] Video), dafür "verschwinden" die Kabel dann in der Erde. Über den Kabeln kann Landwirtschaft betrieben, allerdings dürfen keine Gebäude gebaut werden.
Da nördlich von Wehrendorf mit dem Freileitungsbau schon begonnen wurde, ist es unwahrscheinlich, dass die grundsätzliche Kritik am Netzausbau (s.o.) noch Erfolg haben wird. Eine grundsätzliche Diskussion ist sowieso von Anfang an nicht richtig geführt worden.
So werden wohl auch bei uns die Bagger bald anrollen.
Die Heide lebt!
Wir sind Natberger. Wir wohnen und leben sehr gerne auf der Natberger Heide.
Wir wissen, dass Wohnen und Leben nicht statisch sind, dass dazu Veränderungen nötig sind und - umgekehrt - Veränderungen daraus folgen.
Wir möchten diesen Veränderungen aber nicht hilflos ausgeliefert sein oder tatenlos zusehen, wenn andere darüber bestimmen wollen.
Wir möchten Veränderungen steuern, wenn sie uns direkt betreffen. Wir möchten mitreden, wenn es um unsere Nachbarschaft geht. Wir möchten gemeinsam entscheiden, weil es uns gemeinsam betrifft.
Die wichtigsten News im Abonnement. Tragen Sie sich / tragt Euch hier ein und wir senden Euch / Ihnen jeweils die aktuellen Entwicklungen zu.